Schon als Teenager interessierte sich Simon Eichhorn für die Kunst der Tätowierungen (ursprünglich Tatau) – vor allem für die Motive und Symbole aus Französisch-Polynesien. Für das indigene Volk Neuseelands gehört das Tätowieren als Ritual zu seiner Kultur. Jedes Tattoo ist individuell und erzählt die persönliche Geschichte seines Trägers.
Viele Jahre überlegte der Sozialmanager, welche Motive zu ihm passen könnten und ihm wichtig sind. So waren dies zum Beispiel die Schildkröte als Zeichen für Solidarität und Familie, Speerspitzen als Schutzelemente und Symbole für das Element Erde. Auf seiner Wunschliste stand auch der Wächter „Tiki“, der für Ehrlichkeit und Loyalität steht.
Keine spontane Idee
„Ich habe mich detailliert mit dem Thema beschäftigt und gezielt dafür gespart“, betont der 37-Jährige. „Eine spontane Idee war das wirklich nicht.“
Erst im April 2018 schritt er zur Tat. An zwei aufeinander folgenden Tagen ließ er sich von einem französisch-polynesischen Künstler den linken Unterarm und den linken Unterschenkel tätowieren. Inzwischen sind beide Unterschenkel, die kompletten Arme und die Hände mit Motiven verziert. Die letzte Sitzung war im Juni 2019. Nächstes Projekt: der Rücken.
„Wann geht es weiter?“
Vor allem im Sommer, wenn Simon Eichhorn T-Shirts und kurze Hosen tragen kann, fällt die schwarze, durch Linien geprägte Maori-Körperkunst auf. Sehr häufig wird er darauf angesprochen. Auch die Bewohner im Wohnhaus Neumühl haben die Entwicklung seiner Tattoos mit großem Interesse verfolgt. „Sie fragen immer wieder, wann es weitergeht“, berichtet der Duisburger, der seit 2004 für die Amalie Sieveking Gesellschaft Duisburg tätig und in Neumühl ein Mitarbeiter der ersten Stunde ist.
In dem Wohn-Trainings-Haus für Menschen mit Behinderungen absolvierte der ausgebildete Heilerziehungspfleger seinen Zivildienst – und blieb. Bereits nach kurzer Zeit wurde er Wohngruppenleitung, anschließend stellvertretende Hausleitung.
Inzwischen hat Simon Eichhorn überwiegend administrative Aufgaben: Unter anderem schreibt er Dienstpläne, bearbeitet Konzepte und Anträge, führt Einstellungs- und Mitarbeitergespräche, wirkt in Steuerungsgruppen mit und befasst sich aktuell mit den Veränderungen durch das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG).
Oft im Gespräch
Mit 24 Bewohnern und zwölf Mitarbeitenden ist das Haus aber überschaubar genug, dass er viel Anteil nimmt am Geschehen. „Immer wieder übernehme ich auch Nachtbereitschaften. Ich bin mit vielen Bewohnern, Angehörigen und Kollegen im Gespräch – manchmal auch über meine Tattoos.“