Es gibt viele Beweggründe für einen Bundesfreiwilligendienst: zum Beispiel die Zeit bis zum Beginn von Ausbildung oder Studium überbrücken, die Arbeit in einer sozialen Einrichtung kennenlernen und nach einer längeren Familienzeit wieder ins Berufsleben einsteigen. Eine ganz besondere Variante hat Sigrid Pecnik zum Bundesfreiwilligendienst gebracht: Als ehemalige Bundesbeamtin hat sie die Gelegenheit genutzt, bereits mit 55 Jahren in Rente zu gehen – unter der Bedingung, dass sie sich zwölf Monate ehrenamtlich engagiert, um die vollen Pensionsansprüche zu wahren.
„Engagierter Ruhestand“ heißt dieses Programm, das es voraussichtlich noch bis 2020 gibt. Es passte zur Lebenssituation von Sigrid Pecnik wie der sprichwörtliche Deckel auf den Topf. „Ich hatte mehrere Male meinen Einsatzort gewechselt, pendelte zuletzt von Duisburg-Baerl nach Düsseldorf. Da kam die Chance, mein Arbeitsleben nach 34 Jahren zu beenden, sehr gelegen“, gibt die Frührentnerin zu. Als Beraterin im Callcenter der Telekom hat sie Beschwerden entgegen genommen, Störungen und Rechnungen bearbeitet. Nebenbei pflegte sie 15 Jahre lang ihre Eltern.
Viel Lebenserfahrung
Mit dieser Lebenserfahrung und ihrem großen Interesse an der Arbeit mit Menschen fiel es der gelernten Erzieherin nicht schwer, sich für den Bundesfreiwilligendienst im Pflegeheim zu entscheiden. „Ich arbeite gerne hier“, sagt Sigrid Pecnik über ihren Vollzeit-Einsatz bei der Evangelischen Altenhilfe Duisburg. Als Mitglied des Teams der Sozialen Betreuung begleitet sie die Bewohner*innen beim Frühstück, unterhält sich mit ihnen, liest aus der Zeitung vor, macht mit ihnen Spaziergänge, organisiert Spielrunden und Bewegungsangebote. „Im Callcenter waren meine Kundenkontakte auf Worte beschränkt. Nun erfahre ich, dass Kommunikation auch ohne Worte funktionieren kann.“ Ihre jetzige Aufgabe sei zwar anstrengend, dafür bekomme sie aber auch viel zurück. Sigrid Pecnik: „Sehr berührt hat mich zum Beispiel, als eine demente Bewohnerin nach einem halben Jahr plötzlich anfing zu sprechen.“